17.5) Mein Schlimmstes in Sachen Psyche

Mein Shunt machte immer mehr Probleme.
Ständig gab die Maschine Alarm, weil die Drücke nicht stimmten.

Beinahe alle 2 Wochen ging der Shunt zu, weshalb ich immer wieder zu Doktor WF… musste, um ihn zu »reparieren«. Aber es half nichts, da musste ein neuer her.

Eigentlich dachte ich mir nicht so viel dabei, da ich mich bei Doktor WF… in guten Händen wusste. Aber diesmal hatte ich tatsächlich Angst. Ich fühlte mich schlapp, niedergeschlagen und kraftlos. Ich erinnere mich, dass ich so eine Woche vor dem Eingriff Alex traf und ihm sagte:
»Ich weiß nicht, ob ich die OP überstehe. Ich fühle mich so richtig scheiße.«
»Klar kriegst du das hin«, antwortete er.
Ich war mir nicht sicher.

Durch die schlechte Dialyse waren meine Werte ebenso mies. Ich fühlte, dass da irgend was war. Diesmal ging es nicht gut, sollte ich mich irren, umso besser.

Als mein ›psychisch‹ defekter Arm operiert wurde, entfernte man im Oberschenkel eine Ader, und setzte sie im Arm ein. Das klappte gut und war nun auch rechts geplant.

Die Shunt-OP

So viel Angst ich auch hatte, natürlich ging ich zu dem Termin. Wieder mal hatte ich keine Wahl, weil die Dialyse einen funktionierenden Shunt brauchte.

Die Vorbereitungen liefen gut.
Auf Wunsch durfte ich wieder ein Nickerchen machen. Noch immer schiebe ich voll die Panik, wenn ich nur an ›örtliche Betäubung‹ denke. Wahrscheinlich wird sich das nie ändern.

Da mein Blutdruck extrem niedrig war, wachte ich auf der Intensivstation auf. Zu der Zeit hatte ich ja noch die Magen-Attacken und dachte, dass sie wieder anfangen.
Super!
Aber irgend was war anders.
Ich erinnere mich, dass ich nachts eine Bluttransfusion
bekam. Na ja, außer ich hätte es geträumt.

Morgens ging es mir so richtig mies. Mir war übel und
ich hatte Bauchschmerzen. Aber da war noch etwas.
Ich konnte diesen Zustand nicht einordnen oder erklären. Obwohl ich es versuchte. Aber sofort stand fest:
Frau Dorfner hat Psyche!
Man schickte mir also eine Therapeutin, die meinte: »Atmen Sie, Frau Dorfner. Sie müssen den Schmerz und das Gefühl wegatmen.«
Okay, ich versuchte das wirklich.
Ich war so angespannt, dass mal in Ruhe atmen, zumindest dafür, helfen konnte. Das Gefühl blieb. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte.

Da ich zur Dialyse musste, verlegte man mich auf die Normalstation. Von dort wurde ich mit dem Krankentransport zur Dialyde B… gebracht.
Das ist echt eine miese Sache. Ganz egal, wie beschissen es einem geht, zur Dialyse muss man trotzdem.
J… war da. An diesem Tag wurde er im Krankenhaus gefragt, ob ich Drogen nehme. Vielleicht war es berechtigt. Mir ging es so dreckig, dass ich gar nicht mehr wusste, wie
ich rüberkam. Welchen Eindruck ich machte.

»Ich weiß nicht, ob ich das heute schaffe«, wiederholte ich immer wieder.
»Wenn ich nur beschreiben könnte, was ich fühle.«
Ich bekam erst mal was zur Beruhigung. Das fand ich gut und wartete sehnsüchtig auf die Wirkung.
»Jetzt mal ganz ruhig«, dachte ich und schaffte das ganz gut, beim Stechen der Nadeln.
Alles gut!
Bis die Maschine anfing zu laufen.
Was da passierte, fühlte ich so noch nie.
Ich wusste, dass mein Kreislauf abhaute. Aber so kurz nach dem Anhängen?
Weg! Ich musste weg! Raus!
Ich hing mit den Nadeln am neuen Shunt und konnte das nicht mehr kontrollieren.
J… und der Doktor hielten mich fest, während die Schwester mich schnell von der Maschine trennte.
Im Nachhinein ist mir das heute noch peinlich.

Ich sollte die Dialyse am nächsten Tag in Perlach wiederholen.
Tja, wie gesagt, ohne gehts halt nicht.
Vollkommen fertig wurde ich wieder ins Krankenhaus gebracht.
Das Gefühl, das sich leider nicht wegatmen ließ, wurde schlimmer. Mir wurde mächtig übel und ich fing an, mich zu übergeben. Den Rest des Tages und die ganze Nacht verbrachte ich über der Kotzschale. Dabei war ja bekannt:
Frau Dorfner hat Psyche!
Deshalb war die Nachtschwester sehr genervt, weil ich immer wieder neue Schalen brauchte.
Am nächsten Morgen kam J…, um mich nach Perlach zu begleiten.

Nach der Visite meinte die Schwester:
»Sie können dann nach der Dialyse nach Hause.«
Wir waren irritiert.

Mir ging es noch schlechter, war nur noch ein Häufchen Elend.
»Haben Sie die Frau mal angeschaut«, sagte J…. »Ich glaube, es ist ihr noch nie so schlecht gegangen.«
»Der Doktor hat gesagt, dass sie gehen kann.«
Die Entscheidung stand fest. J… packte meine Sachen.
Ich war zu nichts mehr fähig.

»Die Dialyse durchstehen«, dachte ich. »Dann sind die Werte besser. Dann wird es wieder.«
In Perlach war ich guter Dinge. Zwar ging es mir mies wie noch nie, aber ich behielt die Ruhe. Das Stechen der Nadeln klappte gut.
Na also, geht doch!

Bis die Maschine startete, dann war es wieder da.
Wie ein Tier, dessen Fluchtinstinkt geweckt wurde. Ein Reh, das den Tiger spürte.
Wieder konnte ich es nicht einordnen, und vor allem nicht kontrollieren. Sofort wurde ich abgehängt.
»Sie müssen ins Krankenhaus«, meinte die Ärztin.
Mir war es recht. Nur mal hingehen und Dialyse machen.
Ne schnelle Sache, dann gehts mir wieder besser.

Also fuhren wir ins Krankenhaus RR, weil man dort eine Dialysestation hatte.
Die Ärztin schrieb einen Brief, in dem natürlich auch mein psychischer Zustand erklärt wurde.

Das verstand ich. So, wie ich mich verhielt. So ganz weilt hinten, in meinen Gedanken dachte ich wirklich:
Drehst Du jetzt durch?

Mal weg von der Maschine ging es mir zwar immer noch beschissen, aber dieser Fluchtinstinkt war weg. Der Dialysearzt der Klinik kam und ich schilderte ihm meine Situation.
»Wenn ich die Dialyse jetzt grad wach nicht schaffe, dann gebt mir was zum Schlafen.«
Der Arzt stimmte zu. Das wäre kein Problem.

Ich war zuversichtlich. Wenn meine Werte erst mal besser sind, dann kann ich in ein paar Stunden wieder nach Hause.
Ich weiß noch, dass ich mit dem Arzt einen Wasserentzug von 2 Liter ausmachte. Das war okay. Laut Waage hatte ich über 3 Liter zu viel.

Da man etwas Psychisches vermutete, holte man Frau F…, meine Therapeutin dort in der Psychosomatik. Ich unterhielt mich mit ihr, bis der Arzt meinte:
»Sie bekommen jetzt was zum Schlafen.« Mann, war ich froh!

Irgend wann bin ich aufgewacht.
Ein junger Arzt richtete gerade etwas an der Infusion.
Meiner?!
Das war nicht die Dialyse!
»Wo bin ich«, fragte ich.
»Auf der Intensivstation. Sie hatten einen Herzstillstand.«

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